
Mir hat vor kurzem ein Freund von mir, von seiner Liebschaft erzählt. Er meinte, dass es gut läuft und dass sie gut zusammenpassen würden. Während er erzählt hat, haben seine Augen tatsächlich geleuchtet.
Ich habe gefragt: ‚Bist du verliebt in sie?‘
Er, ein bisschen schüchtern: ‚… Jaaa… bin schon verliebt in sie.‘
Ich: ‚Weiß sie das?‘
Er: ‚Ja.‘
Ich: ‚Achso? Hast du es ihr gesagt oder wie?‘
Er: ‚Nein, das nicht.‘
Ich: ‚Woher soll sie das dann wissen?‘
- Info zur Story: Er tut sich wahnsinnig schwer, Gefühle zu zeigen. Er kommt sich dabei total blöd vor. Wir (seine Freunde) bekommen es eher mit, wenn er sich verliebt hat, weil er in unserer Gegenwart sich traut, Gefühle zu zeigen, aber der Frau gegenüber traut er sich nicht, aus Angst, eine Abfuhr zu bekommen. Nachdem er erzählt hat, wie die beiden miteinander kommunizieren und Zeit verbringen, hatte ich den Eindruck, dass sie auch heftig auf ihn steht.
Er: ‚Keine Ahnung...‘
Ich: ‚Glaubst du nicht, dass sie sich freuen würde, wenn du ihr das sagst? Und dass es dir sogar auch gut tut?‘
Er, mit einer sehr österreichischen Antwort: ‚Eh!‘
Ich habe ihm daraufhin erzählt, dass ich auch in einer Situation war, in der die Person, mit der ich mich getroffen habe, sich schwer tat, Gefühle zu zeigen. Obwohl ich genau wusste, wie wichtig ich für die Person war, wäre es mir wichtig gewesen, dass die Person es auch mal schafft, das Risiko einzugehen und mir die Gefühle zu sagen, anstatt immer auf Nummer sicher zu gehen.
Bei Liebe und Gefühlen gibt es nie(!) die 100% Sicherheit, dass das, was man sich wünscht oder kommuniziert, so ankommt, wie man es sich erhofft. Aber genau deshalb muss man Risiken eingehen! Im Endeffekt, wenn man von der Person abgewiesen wird, dann weiß man es wenigstens. Viele schämen sich dann, abgewiesen zu sein, aber ich ziehe einen Korb vor, als mich ewig zu fragen, wie die Antwort gewesen wäre.
Ich darf mich selbst als mutig und ehrlich sehen, wenn ich mich traue, jemandem das zu sagen.
„Verletzlichkeit schafft Intimität“ aus mehreren Gründen: Wenn Menschen ihre Schwächen und Ängste teilen, zeigen sie ihr wahres Selbst. Vertrauen und Authentizität in Beziehungen werden gefördert. Aber auch das Vertrauen in sich selbst wird gestärkt. Je häufiger man das übt, desto leichter wird es, für die eigenen Themen einzustehen und hinter sich selbst stehen zu können. Verletzlichkeit in Beziehungen ist wichtig für eine intime emotionale Verbindung – etwas, das wir Menschen ja eigentlich alle wollen. Zusätzlich werden andere Personen ermutigt, sich ebenfalls mit ihrer eigenen Verletzlichkeit auseinanderzusetzen.
Aber das ist das Ding mit Verletzlichkeit: Das Risiko muss man eingehen, um Früchte zu ernten. Die Komfortzone wird nicht einfach von alleine größer! Üben macht den Meister und die Meisterin. Wir müssen schon einen Schritt aus der Komfortzone hinaus wagen, um sie zu vergrößern.
Zusatzinfo-: Aus der Komfortzone in die Angstzone, nicht in die Panikzone – das bringt auch nichts.
Was ich nicht unerwähnt lassen möchte: Wenn jemand auf die Verletzlichkeit einer anderen Person negativ reagiert oder ungut antwortet, dann ist dieser Person einfach ein Wappler! Is so!
Für die Leute, die wissen wollen, wie die Geschichte ausgegangen ist: Ein paar Wochen später habe ich ihn wieder getroffen, und er hat mir erzählt, dass er es ihr gesagt hat. Sie hat das offensichtlich erwidert und gut ist.
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